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Einer der Hauptgründe, die zu der Popularität der Appaloosa beigetragen haben, ist die dramatische und oft veröffentlichte „Geschichte“, eine „Geschichte“ die besagt, dass die Nez Perce Indianer diese Pferde für Kriegszwecke gezüchtet hätten. Diese „Geschichte“ war vor 1937 nicht bekannt.

Die Verbreitung dieser Geschichte, hervorgerufen durch mehrere unkritische Publikationen von Dr. Francis Haines, hatte viel mit der ansteigenden Popularität dieser Pferde zu tun.

In der Jänner/Februar Ausgabe des Magazins Western Horseman von 1937 (Band II, Nr. 1, Seiten 8-9) erschien ein Artikel von Dr. Haines mit dem Titel „Das Appaloosa, oder Palouse Pferd.“

„Was ist ein Appaloosa?“ schrieb Dr. Haines. „Für viele Menschen hat dieser Begriff keine Bedeutung. Diejenigen, die mit Westernpferden vertraut sind, haben den Begriff in Zusammenhang mit Tieren gehört, die besondere Flecken am Hinterteil haben. Daher ist es für sie eine Farbbezeichnung. Es ist jedoch eine Variante des Namens für eine Rasse, die von den Nez Perce Indianern im Palouse Country von Central Idaho und Eastern Washington gezüchtet wurde. Die Nez Perce, bekannte Reiter und Pferdezüchter, züchteten viele ausgezeichnete Tiere, aber dieser besonders auffallende, zähe und schnelle Typ wurde speziell zu Kriegszwecken gezüchtet. ...“

„Die Non-Treaty Band im Wallowa County“, fuhr er fort,züchteten noch immer Kriegspferde, bis ihr das Land 1877 von den Weißen gewaltsam weggenommen wurde". Am Ende des Artikels schrieb Haines: „Wäre es nicht erstrebenswert für die Besitzer dieser wunderschönen Tiere, sich zusammenzuschließen und diese ausgezeichnete Rasse dorthin zurückzuführen, wo ihr rechtmäßiger Platz ist? Sie könnten ohne Zweifel den Erfolg der Palomino Züchter verdoppeln, wenn sie diesen Typ registrieren und etablieren würden, bevor es zu spät ist. Abgesehen vom sentimentalen Aspek,t der hier eine Rolle spielt, würde sich solch ein Unternehmen auch geldmäßig für die Züchter von Westernpferden bezahlt machen, und darüber hinaus würde es unseren Shows und Paraden neue Farbe geben. ...“

Dr. Haines verwies auf keine zeitgenössischen oder historischen Quellen, veröffentlicht oder nicht veröffentlicht, als er die Appaloosas mit den Nez Perce in Verbindung brachte. Er erwähnte auch nicht, wie er auf den Namen Appaloosa kam und woher er wusste, dass die Appaloosas von den Nez Perce „primär zu Kriegszwecken“ gezüchtet wurden. Historisch völlig falsch in diesem Artikel ist auch die Aussage von Haines: „ das die Nez Perce im Palouse Country Pferde züchteten.“ Das Palouse Country gehörte den Palouse Indianern und nicht den Nez Perce.

Nichtsdestotrotz schrieb ein zweiter Autor, mit dem Namen Don Alfredo, einen Artikel in derselben Ausgabe des Western Horseman Magazins und unterstützte die Theorie von Haines.

Don Alfredo schrieb: „Dr. Haines scheint es wirklich erkannt zu haben ... Ja! Ich bin überzeugt, dass Mr. Haines diese Frage endlich gelöst hat. Damit kann sich Western Horseman jetzt schmücken. ... Da dieser Artikel von Mr. Haines der einzig maßgebliche ist, den ich bis jetzt gesehen habe, glaube ich, dass man alle vorangegangenen Versuche die Zucht und den Ursprung der Pferde einzuordnen, vergessen kann und einen Neuanfang auf einer soliden Basis starten kann. Alles was uns jetzt bleibt ist, die Entwicklung des Pferdes von Spanien bis hin zu den Nez Perce zurückzuverfolgen".

(Anmerkung: Dieser Artikel ist noch immer die Basis für das, was heute als Geschichte angesehen wird; vor diesem Artikel wurde nichts zu diesem Thema veröffentlicht).

Weitere Publikationen von Haines bezgl. dieses Themas folgten. Sein nächster Artikel in der Mai/Juni Ausgabe des Western Horseman (Band II, Nr. 3, Seiten 22-23) 1937 erschien und erzählte wie das Appaloosa Pferd zu einer verlorenen Rasse wurde nachdem die Nez Perce 1877 besiegt wurden. Die Verbindung von den Nez Perce mit den Appaloosa Pferden wurde nun aber als Fakt akzeptiert.

Die Geschichte des vorangegangenen Artikels wurde mit gelegentlichen Hinweisen auf das Appaloosa Pferd, wie z. B. „die alte Rasse von Kriegspferden, die vom Nez Perce Stamm gezüchtet wurden“ und „das große alte Kriegspferd der Nez Perce“, verstärkt. Der Artikel endete: „Hoffen wir, dass sowohl die Rasse als auch der Name davor bewahrt werden, unverdienterweise in Vergessenheit zu geraten.“ Auch dieser Artikel bezog sich auf keinerlei Quellen und zeigte kein Belegmaterial, worauf sich die angegebenen Informationen bezogen.

Weniger als ein Jahr später schrieb Dr. Haines im Western Horseman, März/April 1938 (Band III, Nr. 2) einen dritten Artikel mit der Überschrift: „More Care in Breeding Spotted Horses“ (Die gefleckten Pferde sollten sorgfältiger gezüchtet werden). Zuerst bemerkte er, dass die Züchter der verschiedenen Typen von gefleckten Pferden an ihrer Arbeit gehindert werden und für ihren Aufwand nicht richtig entschädigt werden, da sie nicht zusammenarbeiten, keine gemeinsamen Ideen haben und nicht einen gemeinsamen Zuchtbestand verwenden. Des Weiteren plädierte er dafür, sich auf einen Namen für die Rasse zu einigen. „Sollte der Name appalucha, appaluchi, apaloosa, apalousey, oder eine andere Variante sein?“ Diese Frage, die bereits im Titel angedeutet wurde, in dem nicht der Name Appaloosa verwendet wurde, spiegelte die anhaltende Verwirrung darüber wieder, wo der Name eigentlich herkam (aus dem Appalachen Gebiet, von den Indianern des Südostens, aus Louisiana-Opelousas, etc.). Nun schuf Haines den Namen, der letztendlich auch anerkannt wurde, indem er die Geschichte präsentierte, wie sich diese „ungewöhnlichen Kriegspferde“ von New Spain und New Mexico aus bis zu den Nez Perce verbreitet hatten. Wiederum belegte er diese Annahmen nicht. Von nun an wurde der Name Appaloosa akzeptiert und mit dem Palouse Country in Verbindung gebracht. (Obwohl Dr. Haines nie zufriedenstellend erklären konnte, woher das Palouse Country seinen Namen bekommen hatte). Dr. Haines folgerte: Und ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass wir einen richtigen Nutzen davon haben (sowohl für die Werbung als auch für zukünftige Einnahmen), wenn wir einen Namen für unsere gefleckten Pferde haben.“

Diese Artikel hatten Auswirkungen. Am 30. Dezember 1938 gründete Claude J. Thompson aus Moro, Oregon, der schon Jahre zuvor gefleckte Pferde gezüchtet hatte, den Appaloosa Horse Club und wurde dessen erster Präsident. Dr. Haines, der damals in Chico, Kalifornien, lebte, wurde der Historiker des Clubs und die Verbindung zwischen den Appaloosa und den Nez Perce als historische Tatsache verkauft.

1944 erlebte diese Geschichte wieder einen Aufschwung, da Ramon F. Adams in Western Words, einem Wörterbuch für Range, Cow Camp und Trail, das in diesem Jahr von der University of Oklahoma Press herausgegeben wurde, die Definition eines Appaloosas inkludierte: „Diese spezielle Rasse wurde von den Nez Perce Indianern im Palousé  River Country gezüchtet.“ Adams zitierte Dr. Haines Western Horseman Artikel. Sein eigener Beitrag war der Akzent auf dem „e“ in Palouse, womit er, bewusst oder nicht, diejenigen befriedigte, die noch immer dachten, dass man das Pferd Appalousey nennen sollte. (A.M. Josephy, Jr., The Westerners 1967; 81).

Nach dem Krieg zog Dr. Haines, der 1939 auch die Geschichte der Nez Perce Indianer (Red Eagles of The Northwest, The Scholastic Press, Portland, Oregon) veröffentlicht hatte, nach Lewiston, Idaho, und wurde dort am Northern Idaho College Of Education Professor für Geschichte.

Durch seine Interessen und durch jene von George B. Hatley, einem Appaloosa-Züchter und späterem ApHC Präsident aus Moscow, Idaho, bekam der Club neuen Schwung und erweiterte seine Promotiontätigkeiten. 1948 wurde ein erstes Zuchtbuch herausgegeben und drei Jahre später folgte ein zweites. Damals war Dr. Haines Präsident des Clubs.  

Dieses Zuchtbuch enthielt eine brandneue, komplette, 38 Seiten lange Geschichte „des Appaloosa Pferdes“, die behauptete, das Tier über mehr als 2000 Jahre zurückzuverfolgen, bis hin zu den Weideflächen der Ferghana Region im westlichen Zentralasien. Die „Geschichte“ beschrieb sehr detailliert, wie das Pferd über Europa in die Neue Welt und schließlich zu den Nez Perce kam und man muss zugeben, daraus entstand eine sehr dramatische und anschauliche Erzählung. Dadurch bekam jeder Appaloosa-Besitzer ein sagenhaftes Pedigree seines Pferdes und viele Menschen besaßen nun ein starkes Motiv, so ein romantisches Tier zu besitzen.

Wiederum gab es natürlich die Hintergrundinformation, dass die Nez Perce dieses Pferd zu ihrem Kriegspferd gemacht hatten. In einem anderen Abschnitt derselben „Geschichte“ fuhr Dr. Haines fort: „Sobald die Nez Perce ihren Grundbestand an gefleckten Pferden von Chihuahua gesichert hatten, hatten sie bald mehr Appaloosas als alle anderen Stämme zusammen. Weiße die früh als Reisende unterwegs waren, bemerkten die Pferde und beschrieben sie als die besonders gefleckten Pferde der Nez Perce, um sie vom gewöhnlichen gefleckten Pferd, dem Pinto, zu unterscheiden. Bei den Menschen im Gebirge wurden sie einfach nur Nez Perce Pferde genannt.“

Diese Geschichte war für das Geschäft sicherlich sehr förderlich, aber entsprach sie auch der historischen Wirklichkeit? Offensichtlich akzeptierten es viele Menschen, die es eigentlich besser hätten wissen sollen (inklusive Autor) ohne nachzufragen als belegte Geschichte. Die Geschichte zirkulierte immer weiter und immer öfter und trotz der Tatsache, dass weder Dr. Haines noch der Appaloosa Horse Club mit Beweismaterial aufwarten konnten, erschien diese Geschichte wiederum in den Veröffentlichungen von angesehenen Wissenschaftlern, wobei diese in ihren Fußnoten Dr. Haines zitierten.

Die Geschichte wuchs weiter an. Sie wurde zu einem Standardteil der Nez Perce Geschichte und wurde in den Berichten über die Geschichte des Stammes wiederholt, die für erwachsene Leser geschrieben wurden. Frank Gilbert Roe schrieb detailliert darüber in seiner angesehenen Arbeit "The Indian and the Horse" (University of Oklahoma Press, Norman, 1955, Seiten 153-55, 255, 390-92). Dort wird Haines trotz einiger Vorbehalte als die Koryphäe auf dem Gebiet der Appaloosa Pferde bezeichnet und sein Bericht über die Geschichte des Pferdes und dessen Zucht als Kriegspferd bei den Nez Perce wird einfach so an den Leser weitergegeben. Es gibt nur Hinweise auf Haines’ eigene, nicht belegte Schriftstücke.

1955 erschien von Haines das Buch „The Nez Perces“ das von der University of Oklahoma Press herausgegeben wurde, dort schrieb er über die Appaloosas: „Der Ursprung der Rasse in antiken Zeiten lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Höhlenmaler in Südfrankreich malten gefleckte Pferde, die den modernen Tieren sehr ähndelten.“ Des Weiteren schrieb er: „Durch ihre selektive Zuchttechnik waren die Nez Perce dazu imstande, von einigen Tieren, hunderte gefleckte Pferde zu züchten. Sie wurden hauptsächlich im Krieg und für Paraden verwendet.“ ( Haines, 1955; 23).

Das Belegmaterial fehlte auch diesmal.

1963 erschien von Haines das Buch Appaloosa (University of Texas Press 1963). Das meiste in diesem Buch war eine Aus- und Umformulierung des „historischen“ Abschnitts des Zuchtbuches, das 1951 vom Club herausgegeben worden war. Nicht länger inkludiert war jedoch die vage Aussage, dass die Nez Perce das Appaloosa Pferd als Kriegspferd gezüchtet hatten. Der Text deutete das in Passagen jedoch an, wie: „ Die Nez Perce behaupteten, dass diese Tiere mehrere Vorteile hatten: Sie waren schnell, robust, intelligent, und zäh ...“ Und: „So passierte es, dass die unabhängigeren Mitglieder des Stammes weiter schnelle Appaloosas züchteten, um sie im Büffelland zu verwenden.“

Auch diesmal fehlte das Belegmaterial und es fehlt bis heute!

Trotz der Tatsache dass noch immer keine Quellen, die diese Aussagen unterstützt hätten, dargelegt wurden, hatte die Haines These mit diesem Buch nun das Amon Carter Museum und die University of Texas Press auf ihrer Seite und so hatte man nun noch weniger Grund an ihr zu zweifeln. Im Buch gab es einige Zitate. Einige Literaturhinweise, wie z. B. auf Seite 3 auf Alexander Ross’ Adventures of the First Settlers on the Oregon or Columbia River , diese unterstützten nicht, das was sie eigentlich hätten unterstützen sollen und daher kam die Frage auf, warum sie überhaupt verwendet wurden. Aber es gab ein merkwürdiges Zitat, dass für das Thema dieses Artikels relevant war. Zweimal bezog man sich auf einen „Colonel“ Rogers (es wurde kein Vorname erwähnt) aus Grangeville, Idaho, der 1948, als er vermutlich 86 Jahre alt war, erzählt hatte, dass er die Pferdeherde der Wallowa Gruppe der Nez Perce auf der Camas Prärie in Idaho gesehen hatte, gerade vor Beginn des Nez Perce Krieges 1877. Laut Dr. Haines erinnerte er sich daran, dass die Ebene voll von gefleckten Pferden war, aber bei genauerem Hinsehen sah man, dass es genauso viele einfarbige Tiere unter den gefleckten Tieren gab.“ Dieser Aussage entgegen, stehen die Aussagen von drei Nez Perce Kriegsveteranen, die Alvin.M. Josephy, Jr. 1960 interviewt hatte: Albert Moore, Sam Tilden und Josiah Redwolf, sowie die Aussage von H.E. Bartlett. (A.M. Josephy, Jr., The Westerners 1967; 82, 88, 89).

Die Kommentare, welche die drei Veteranen und Bartlett abgegeben haben, kann man mit den Worten Albert Moores zusammenfassen: „Es ist nicht wahr, dass dieses Pferd unser Kriegspferd war.“

Heute wird die Haines Geschichte von den meisten Appaloosa Besitzern und Züchtern akzeptiert, sie kommt in allen Medien vor. Auch die untergeordneten Verbände des ApHC verbreiten diese Geschichte weiter. In vielen Büchern und Bröschüren steht unverblümt, dass der Appaloosa von den Nez Perce als ihr Kriegspferd gezüchtet wurde. Disney produzierte „Run, Appaloosa, Run“ mit einem Nez Perce Mädchen als Titelheldin, und TV Produzenten, die eine Dokumentation über die Lewis und Clark Expedition drehten, glaubten anscheinend, dass es nicht geschichtsgetreu sein würde, wenn die Nez Perce, die auf die amerikanischen Entdecker trafen, nicht auf Appaloosas ritten. Es gibt einen bekannten jährlichen Appaloosaritt - der in der USA und in anderen Ländern, durch verschiedene Publikationen weltweit für die Teilnehmer groß beworben wird –die Teilnehmer diese Ritts folgen auf ihren Appaloosas dem Chief Joseph Trail und lauschen am Abend den historischen Geschichten von Dr. Haines. Geschichten die grundlegend falsch sind und bis heute jeder historischen Grundlage entbehren!